Acht überwiegend ausverkaufte Vorstellungen vor begeistertem Publikum aus Budenheim und über die Ortsgrenzen hinaus, das ist das Fazit von „Außer Kontrolle“, der Herbstkomödie 2019 des Theatervereins Pank & Ratius - kleine bühne budenheim e.V. Bei der Ausstattung half die Budenheimer Volksbank Stiftung.
Ein britischer Politiker (Lars Kern), der sich mit der Sekretärin des Oppositionsführers (Simone Wittenstein) zum außerehelichen Spaß in der Suite eines Luxushotels einmietet. Eine Leiche im Fensterrahmen (Elisabetta Iozzelli Reinhart), offenbar erschlagen von einem defekten Schiebefenster, das wie ein Fallbeil auf Köpfe und Nacken niederschmettert. Ein opferbereiter Sekretär (Robert Brand), ein wild gewordener Ehemann (Thomas Hövelmann) und ein schmieriger Zimmerkellner (Dirk Horstmann). Das sind nur einige Figuren, die Ray Cooneys turbulente Türenkomödie „Außer Kontrolle“ zum Heidenspaß für Darsteller/innen und Publikum machen. Es geht Schlag auf Schlag. Kaum ist eine Leiche politisch souverän unter den Teppich gekehrt, beziehungsweise im Schrank verschanzt, tritt auch schon der nächste Überraschungsgast über die Zimmerschwelle und bringt den konservativen Minister Richard Wiley mit Sekretär George organisationstechnisch in höchste Bedrängnis. Die schwarzhumorige Farce attackiert das Publikum mit Pointen und absurden Situationen ohne Ende. Es geht um Korruption, Verlogenheit, Untreue und schamloses Zurechtbiegen von Wahrheiten. Für britische Komödienschreiber ein gefundenes Fressen und Ray Cooney beweist sich auch hier wieder als ein Meister seines Fachs. Begeisterte Kritiken, tosender Applaus, das Publikum vor lauter Lachen ganz außer Rand und Band und ständig volles Haus. All das bescherte die Inszenierung „Außer Kontrolle“ (Regie: Guido Paefgen) dem Budenheimer Theaterverein Pank & Ratius im vergangenen Winter.
Hakt das Fenster, floppt der Witz
Was spielen wir als nächstes? Seit der Gründung von Pank & Ratius - kleine bühne budenheim e.V. im Frühjahr 2005 gibt es kein Thema, das Vorstand und Mitglieder mehr beschäftigt und erhitzt, als die Stückauswahl. Mit schöner Regelmäßigkeit klopft sie an, kurz nach Weihnachten, kaum ist die eben noch laufende Komödie abgespielt. Das „nächste“ Stück wird die Darsteller/innen mehr als ein dreiviertel Jahr durch ihre Freizeit begleiten - und, mit Text lernen und wöchentlicher Probearbeit bis zu Premiere herausfordern. Eine Inszenierung soll allen auf und hinter der Bühne Spaß machen, den Funken einer anfänglichen Begeisterung zum Brennen bringen. Gelingt das, stehen die Chancen gut, dass das Feuer ab der Premiere im November auf das Publikum überspringt. Das „richtige“ Stück bereitet den Weg, es lässt sich außerdem mit dem vorhandenen Personal besetzen und mit den vorhandenen Mitteln szenisch umsetzen.
Während bei ersterem die Schwierigkeiten überschaubar, weil gut zu steuern sind, sind Bühnenbild und Ausstattung allerdings die Knackpunkte jeder Stückfindung. Beides muss machbar und bezahlbar sein und egal wie das Budget ausfällt, immer auch dem Auge was zu bieten haben. „Unsere Aufgabe ist herauszufinden, wie wir die Vorgaben der Autoren an unsere räumlichen wie finanziellen Verhältnisse anpassen und zudem um eigene Ideen erweitern können. Manchmal haben Bühnenbilder aber gewaltige Tücken, die wir keinesfalls umgehen können, weil dann die Geschichte nicht mehr funktioniert. Und das ist der Moment, in dem wir die Taschenrechner zücken und uns schlimmstenfalls auch von einer Komödie, die wir gerne spielen möchten, verabschieden müssen“, erklärt die Vorsitzende Michaela Paefgen-Laß.
Die Bühne neu, das Ensemble auf Trab
Grundsätzlich setzt der Theaterverein alles daran, Materialen aus den Bühnenbildern der vorhergegangenen Jahre zu recyceln und umzufunktionieren. Bei „Außer Kontrolle“ brauchte der Verein aber unbedingt dieses besondere Schiebefenster, das auf Stichwort herunter kracht, einen beidseitig begehbaren Kleiderschrank und die Illusion, dass sich die eine Tür in einen langen Hotelkorridor öffnet, der vom Publikum eingesehen werden kann. Unverzichtbar für die Situationskomik ist auch der, von außen zugängliche, Balkon, der sich über die gesamten Rückwand der luxuriösen Suite im Hintergrund erstreckt. Dass das Publikum hinter dem Fenster nicht eine blanke Wand, sondern die Londoner Stadtkrone sehen sollte, war ebenfalls unumgänglich. Was tun?
Mit dem Zuschuss der Budenheimer Volksbank Stiftung konnte der Theaterverein für die entscheidenden Teile des Bühnenbildes neue Materialen einkaufen, die Fenster und den Kleiderschrank als geräumigen Eckschrank mit Platz für bis zu drei Darsteller*innen verwirklichen. Die Holzbaustätte König half alle alten und neuen Bauteile zu einer stabilen Kulisse zu verarbeiten, die viele Endproben und acht Vorstellungen - in deren Verlauf nicht zimperlich mit dem Inventar umgegangen wird - problemlos aushalten würde. Außerdem konnte der alte Tanzboden als Bühnenuntergrund gegen einen neuen flächendeckenden, geräuscharmen Teppich ausgetauscht werden. Besonderes Highlight: Hinter den Fenstern erstreckte sich London mit St. Pauls Cathedral, Big Ben und London Eye als riesiges Gemälde, angefertigt von Theatermalern des Mainzer Staatstheaters. Pünktlich zu Premiere war auf der Bühne des Theatersaals also eine edle Londoner Hotelsuite entstanden.
„Ohne die Unterstützung der Stiftung hätten wir bei der gesamten Ausstattung enorme Abstriche machen müssen. Als Theaterverein sind wir Jahr für Jahr aufs Neue herausgefordert. Es gilt das Niveau zu halten und uns darauf immer noch ein bisschen weiter zu entwickeln. Inszenatorisch und auch schauspielerisch. Besonders gefreut hat uns deshalb, dass wir mit dem Zuschuss noch einen Workshop zum Thema Improvisation und Körperarbeit finanzieren konnten“, so Michaela Paefgen-Laß.
Zuverlässig zum Jahreswechsel hat das Murmeltier den Vorstand gegrüßt und an die Arbeit geschickt. Die Suche nach einer neuen Komödie, die wieder herausfordert, begeistert und überrascht, läuft. Premiere wird im November 2020 sein.